Mitglied werden
Mitglied werden Pfeil
Mitglied werden

25.10.2022

Allgemeines vom TSV Vaterstetten e.V.

„Wir schauen hin“ beim TSV V – Thema: Prävention gegen sexualisierte Gewalt (PsG) im Sport

von Karin Stammel

Ein Gastbeitrag von Karin Stammel

„Wir schauen hin“ beim TSV V – Thema: Prävention gegen sexualisierte Gewalt (PsG) im Sport

 

Unter den vielen negativen Schlagzeilen taucht ein Thema in den letzten Jahren regelmäßig auf: sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Vor Kurzem stand der Leistungssport in Deutschland unter diesem Schlaglicht, als eine ARD-Dokumentation anlässlich der Schwimm-Europameisterschaften in Rom den jahrelangen Mißbrauch eines erfolgreichen Turmspringers enthüllte. Und eine Anklage des Opfers ist mir besonders in Erinnerung geblieben: sinngemäß sagte er, er habe Hilfe gesucht, aber niemand hörte zu, keiner bot Hilfe an, alles wurde unter den Teppich gekehrt.

Nach der Ausstrahlung im August gab es sofort Konsequenzen. Der unter Verdacht stehende, immer noch amtierende Trainer wurde direkt suspendiert und vor Kurzem aus seinem Amt entlassen.

 

Es hat sich also etwas geändert in den vergangenen Jahren; bei der Wahrnehmung des Themas, in der Bereitschaft zuzuhören, hinzuschauen und zu handeln. Denn viele sind inzwischen aktiv geworden und haben sich um das sperrige Thema „Prävention vor sexualisierter Gewalt im Sport“ gekümmert. So auch die damalige Vorstandschaft des TSV Vaterstetten, der ich 6 Jahre angehörte und die in einem intensiven Miteinander aller Vereinsebenen einen Ehrenkodex zum Schutz unserer Aktiven vor Grenzüberschreitungen eingeführt hat.

 

Auf diese gemeinsame Anstrengung möchte ich im Folgenden zurückblicken:

Zu Beginn des Jahres 2017 startete der Prozess mit einem Vorstandsbeschluss, der eine klare Positionierung des TSV Vaterstetten gegen sexualisierte Gewalt und Mobbing in unserem Verein durch die Einführung eines verbindlichen Ehrenkodex zum Ziel hatte. Das Thema PsG hatte unsere Vorstandskollegin Beate Kammel (Jugend und Sport) von der Herbstsitzung des BLSV mitgebracht, dort auf der Tagesordnung durch Schlagzeilen über Verfehlungen von Trainern und Verantwortlichen in Vereinen und Institutionen.

 

Der Vorstand war sich von Beginn an einig, dass es eine Selbstverpflichtung braucht, die zukünftig für alle aktiv Verantwortung-Tragenden im Verein gelten soll. Und es war das erklärte Ziel, dass die Belange aller Sportler, insbesondere unserer Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, in unserem Verein hier Berücksichtigung finden müssen. Ein Ehrencodex, der unserer gemeinsamen Leidenschaft für den Sport einen Schutzrahmen gibt und der allen Verantwortlichen im Verein zur Orientierung dient.

 

Die ersten Recherchen ergaben, dass es hier nichts „von der Stange“ gibt; aber viele Fachverbände hatten bereits Papiere erarbeitet, die Fachverbände Materialien zum Abruf bereitgestellt. Der nächste Schritt war die Bildung unseres PsG-Teams, das mit Akribie und Sachverstand die Materialfülle filtern und einen für den TSV V maßgeschneiderten Text erarbeiten sollte. Gemeinsam mit unseren beiden Beraterinnen Ullrike Leinekugel (Rechtsanwältin) und Sabine Menzcigar (Sozialpädagogin und Mediatorin beim Kreisjugendamt Ebersberg) erstellten die beiden Vorstände Beate Kammel und Karin Stammel (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) bis zu den Sommerferien einen Textvorschlag, der dann an die Leitungen der 13 Abteilungen des TSV V ging mit der Bitte um Prüfung und Rückmeldung.

 

Es folgte ein intensiver Abstimmungsprozess mit allen Abteilungen – Formulierungen wurden hinterfragt, Inhalte abgewogen und ergänzt, Meinungen diskutiert, und es wurde um Akzeptanz geworben. Bis zum Jahreswechsel 2017/18 lagen dann die endgültigen Texte vor: der Ehrenkodex, bestehend aus Präambel, Erläuterung und Erklärung, sowie der ergänzende Anhang mit Verhaltensregeln zum Kindeswohl und Maßnahmen zum Schutz vor Grenzüberschreitungen.

 

Damit traten wir in Phase 2 des Prozesses zur Einführung unseres Ehrenkodex ein. Der Vorstand verpflichtete sich selbst und alle Mitarbeiter, Trainer, Übungsleiter, Jugendleiter, Helfer und Funktionsträger im TSV V – damals gut 200 Personen – auf diesen Ehrenkodex. Zukünftig ist die Unterschrift unter den Ehrenkodex Voraussetzung für ihre Tätigkeit beim TSV V.

Der beste Weg, um dieses Thema fest im Verein zu verankern, schien uns eine persönliche Schulung aller Verantwortlichen zu sein, und so hat das PsG-Team im Laufe des Jahres 2018 viele Termine mit allen Verantwortlichen aus den Abteilungen gemacht, die damals 1.976 Kinder und Jugendlichen (Stand 12/2018; Mitglieder gesamt 4.025) trainierten und betreuten.

 

In diesen Schulungen wurden die Begriffe und Hintergründe erklärt, die Entstehung der Texte erläutert, Beispiele aus der Praxis besprochen und Fragen diskutiert und beantwortet. Gerade in den Wettkampfabteilungen stellen Situationen wie Trainingslager und Auswärtsspiele mit Übernachtungen die Übungsleiter und Betreuer immer wieder vor besondere Herausforderungen. Hier ergaben sich einige interessante Gespräche, die zeigten, wie vielfältig die Erfahrungen für und die Anforderungen an unsere Verantwortlichen sind. Wo immer jetzt Unsicherheiten auftreten, in Ehrenkodex und Anhang können sich unsere Funktionsträger rückversichern und Anregungen für ein verantwortungsvolles und souveränes Verhalten im Trainings- und Vereinsbetrieb holen.

 

Bis zum Jahreswechsel 2019 hatten dann alle Verantwortlichen im TSV Vaterstetten den Ehrenkodex unterzeichnet. Darüber hinaus ist die Vorlage des Erweiterten Führungszeugnisses seitdem fester Bestandteil dieser Selbstverpflichtung. Damit ging der TSV Vaterstetten über die Vorgaben des Landratsamts Ebersberg hinaus, das das Erweiterte Führungszeugnis für mit Kindern und Jugendlichen arbeitende Übungsleiter vorschreibt. Der Ehrenkodex gehört seit damals routinemäßig zum Aufnahmeprozedere für alle neuen Übungsleiter und Verantwortlichen im TSV Vaterstetten.

 

Im Sommer 2019 wurde ich von der PsG-Verantwortlichen beim BLSV, Frau Weber, zur Teilnahme an einem Webinar eingeladen, das unsere Arbeit und unseren Ehrencodex beispielhaft für andere Vereine darstellte.

Ende 2019 ergänzten wir unseren Ehrencodex dann noch um den Anhang 2 über „Schutzvereinbarungen und Handlungsempfehlungen für Auftritte in Sozialen Medien“, dessen Inhalte Beate und ich im November auf einer Veranstaltung des BLSV zur Weiterentwicklung der Präventionskonzepte mit Vertretern anderer Vereine diskutiert hatten.

 

Es war ein aufwändiges Projekt, das unser Miteinander im Verein auf eine neue, solide Basis gestellt hat. Frei nach dem Motto – wehret den Anfängen, wir sind vorbereitet. Denn schon durch Hinschauen und aufmerksam sein lässt sich ein für alle sicheres Umfeld schaffen. Und für den Fall, dass doch einmal Hilfe notwendig ist, steht das PsG-Team bereit (unter folgender Email-Adresse: UnserKontaktgegenGewalt@tsv-vaterstetten.de).

 

Ich möchte heute nochmal herzlich Danke sagen an alle, die damals so engagiert mit dabei waren zum Nutzen unserer Sportler.

 

Karin Stammel

Baldham, den 24.10.2022